Zwischenruf: Mein Feind, der Rezensent !


Von Beginn an waren Rezensionen ein fester Bestandteil dieses Blogs. Sie sind es auch heute noch, denn ich stelle mich gerne der Herausforderung, Filme, Hörspiele oder auch Bücher genauer unter die Lupe zu nehmen, sie in ihren Kontext einzuordnen, die individuellen Stärken und Schwächen herauszuarbeiten, um dann zu einem abschließenden Urteil zu kommen.

Neben größtmöglicher Objektivität sind mir zudem vor allem Fairness und Respekt den Autoren bzw. Machern gegenüber sehr wichtig, denn selbst ein vollkommen misslungenes Werk sagt nicht zwangsläufig etwas über das Talent derjenigen aus, die es geschaffen haben. Ein Newcomer wird bei seinem ersten Hörspiel vielleicht handwerkliche Fehler machen, die einem alten Hasen nicht passieren, doch ist er deshalb gleich talentfrei? Neigt sich die Karriere eines langjährigen Filmemachers automatisch dem Ende zu, nur weil er mit einem Streifen mal voll danebenliegt? In beiden Fällen lautet die Antwort sicherlich: Nein! Es gibt immer die Chance auf das nächste Mal und wer heute gescholten wird, dem rollt die Kritik vielleicht schon morgen den roten Teppich aus. Nicht zuletzt deshalb lasse ich mich immer von dem Grundsatz leiten, dass es stets nur um das Werk geht und nicht um die Kreativen, denen wir es verdanken.

In letzter Zeit nehme ich den Trend wahr, dass manche Autoren die Rezensenten zur Zielscheibe machen, wenn ihnen missfällt, was diese über ihre Filme/Hörspiele/Bücher zu vermelden haben. Schnell geht es dann nicht mehr um Inhalte, sondern um grundsätzliches: Wie muss eine gute Rezension aussehen, was muss sie leisten und  welche Fähigkeiten sind Grundvorraussetzungen dafür, dass sich jemand überhaupt Rezensent nennen darf.? Diese Fragen sind durchaus legitim, denn dank des Web 2.0 obliegt die Deutungshoheit über Qualität nicht mehr einem elitären Kritikerzirkel, sondern der Konsument selbst kann zum Kritiker werden und soll es sogar, wie die ganzen Aufforderungen diverser Onlinehändler belegen, Erzeugnisse jedweder Art nach dem Kauf zu bewerten. Das Kalkül dahinter ist klar: Niemand ist glaubwürdiger als jemand, der das Produkt selbst erworben hat und nun darüber urteilt. Früher nannte man dies Mundpropaganda und bis heute ist es eine Tatsache, dass Empfehlungen zufriedener Kunden mehr wert sind, als eine teure Werbeaktion. Vor diesem Hintergrund ist es Labeln oder Verlagen absolut nicht egal, wie ihre Produktionen in Foren, privaten Websites oder Blogs besprochen werden. Was dort geäußert wird, so zeigen es Studien, wird von den Lesern als ehrlich und glaubwürdig wahrgenommen und darum sehr geschätzt.

Man läd sich also als rezensierender Blogger durchaus eine gewisse Verantwortung auf. Darum finde ich die folgende These eines Autors (dessen Name ich hier bewusst nicht nennen möchte) sehr bemerkenswet, die dieser in einem Interview kürzlich geäußert hat.

"Wer ein Hörspiel bewerten will und es nicht mindestens dreimal gehört hat, ehe er in die Tasten greift, ist ohnehin kein ernstzunehmender Kritiker."

Ich habe es anfänglich auch so gehalten, dass ich mir Hörspiele vor dem Abfassen einer Rezension mehrfach angehört habe. Allerdings waren es zwei Durchgänge, wobei ich beim ersten Mal ohne Stift und Papier zunächst der Geschichte aufmerksam gelauscht habe, um mir dann beim zweiten Hören Notizen über bestimmte Details zu machen, die ich in meine Besprechung habe einfließen lassen. Dass ich von dieser Vorgehensweise inzwischen großteils abgekommen bin, hat mehrere Gründe.

Zunächst einmal haben Hörspiele unterschiedliche Laufzeiten. Die meisten dauern ca. eine Stunde, passen also auf eine CD. Diese doppelt zu hören, ist vom Zeitaufwand her durchaus vertretbar, doch wenn man es mit Geschichten zu tun hat, die 90 oder gar 110 Minuten umfassen, sieht die Sache schon anders aus. Beim ersten Durchlauf einer solch langen Produktion ist man noch hochkonzentriert, doch beim zweiten Mal nimmt die Aufmerksamkeit deutlich ab, nicht zuletzt deshalb, weil man die Geschichte ja schon kennt. Es bringt also nichts, sich drei oder vier Stunden um die Ohren zu schlagen, denn alle wesentlichen Eindrücke hat man eigentlich schon beim ersten Hören gesammelt. Außerdem kann man sich ja einzelne Kapitel erneut zu Gemüte führen, wenn sich im Bezug auf bestimmte Aspekte nicht sicher ist. Wer als Rezensent eine gewisse Übung hat, sollte daher durchaus in der Lage sein, bereits ein tragfähiges Urteil abgeben zu können, nachdem er/sie das zu besprechende Werk einmal komplett gehört hat.

Dies zu können ist übrigens spätestens dann unerlässlich, wenn man eine Besprechung eines Kinofilms schreiben will, zu dessen Pressevorführung man eingeladen wurde. Denn den Streifen bekommt man nicht mehrfach gezeigt, sondern nur ein einziges Mal. Sicherlich, beim zweiten Anschauen fallen einem manchmal Dinge auf, die man zunächst nicht wahrgenommen hat, doch handelt es sich zumeist um Kleinigkeiten und diese sind nie so bedeutend, dass sie die Meinung über einen Film nachhaltig beeinflussen. Auch in diesem Falle gilt: Alles wesentliche bekommt man als Kritiker bereits im ersten Durchlauf mit und kann darauf aufbauend ein belastbares Urteil fällen. Im Bezug auf Bücher lässt sich die Forderung nach mehrfachem Lesen sowieso nicht erheben. Soll sich wirklich nur jemand über Tolstois Krieg und Frieden äußern dürfen, wenn er/sie das Werk mindestens dreimal gelesen hat? Lächerlich.

Eines hat der zitierte Autor in einer Äußerung zudem komplett außer Acht gelassen: Wenn ein Kritiker ein Hörspiel angeblich erst dann bewerten kann, wenn er es mindestens dreimal gehört hat, warum sollte dann für den Hörspiel-Fan etwas anderes gelten? Sind jegliche Äußerungen der Konsumenten für die Macher/Label ohne Relevanz, solange die Käufer in ihren Statements nicht klarstellen, dass sie eine Produktion mehr als zweimal gehört haben? Sicherlich nicht, denn der Fan weiß bereits nach dem ersten Hören ganz genau, ob ein Hörspiel etwas taugt oder nicht und dem Rezensenten geht es nicht anders. Man kann sich ein Werk nicht schön- oder schlechthören, sondern bestenfalls gewisse Aspekte herausarbeiten und diese in die Bewertung einfließen lassen – mehr aber auch nicht. Eine Rezension nicht dazu geeignet, ein Hörspiel detailverliebt zu sezieren, um den Machern für das nächste Mal nützliche Tipps zu geben, sondern dem Publikum soll eine Entscheidungshilfe in der Frage angeboten werden, ob es eine Produktion nun kaufen soll oder nicht. Mehr kann und darf man nicht erwarten.


Die Hassliebe zwischen manchen Kreativen und Rezensenten wird wohl auf alle Zeiten bestehen, wie es wahrscheinlich niemals einen Konsens darüber geben wird, wie eine ernstzunehmende Rezension auszusehen hat. Es wäre nur schön, wenn bei aller legitimen Diskussion um das Thema der Respekt für die jeweils andere Seite nicht nur grundsätzlich gewahrt, sondern an erster Stelle stehen würde. 


Habt Ihr auch eine Meinung zum Thema? Dann nutzt gerne die Kommentarfunktion und lasst mich wissen, was Ihr denkt!

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